Untersuchungen im hessischen Teil des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön

Freude über Ansiedlungserfolg:

Auch in 2021 konnte der Schneider in heimischen Gewässern nachgewiesen werden

Aquarien- und Terrarienverein "Scalare" 1925/55 e.V. Fulda unterstützt Artenschutzprojekt

Rhön/Fulda, 16.10.2021 – Der Schneider ist eine Fischart, die ehemals in den Gewässern der Rhön weit verbreitet war. Durch Gewässerverschmutzung und -verbau ist der Bestand seit den 1960er Jahren stark zurückgegangen. Eine Maßnahme, dem entgegenzuwirken, ist seit einigen Jahren ein Artenschutzprojekt im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön. Wiederansiedelungsversuche zeigen Erfolg: Auch in diesem Jahr konnte der Schneider wieder an mehreren Stellen nachgewiesen werden.

Der Schneider (Alburnoides bipunctatus) ist mit einer Länge von maximal 18 Zentimetern ein relativ kleiner Schwarmfisch. Als Speisefisch ist er wirtschaftlich gesehen eher uninteressant – nicht aber in der Tierwelt: Hier ist er ein wichtiger Bestandteil in der Nahrungskette weiterer Arten. Im Rahmen des Artenschutzprojekts wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Exemplare in Döllbach, Nüst, Ulster und Haune ausgesetzt. Der Erfolg wird regelmäßig kontrolliert – so auch in diesem Jahr. An vier Abschnitten der Gewässer Döllbach, Haune und Nüst wurden im Hünfelder Stadtteil Nüst, in Margretenhaun (Petersberg) sowie in den Eichenzeller Ortsteilen Rothemann und Kerzell Fischbestandsaufnahmen durchgeführt. Mit dabei waren Joachim Walter, Ranger bei der Hessischen Verwaltung des Biosphärenreservats, der Biologe und Fischereiexperte Christoph Dümpelmann, die Gewässerpächter, Praktikantin Anne Bauer (Hessische Verwaltung), Commerzbank-Umweltpraktikant Tobias Möller (Verein Natur- und Lebensraum Rhön) sowie zahlreiche Freiwillige, die bei der Elektrobefischung unterstützten. Das genehmigungspflichtige Elektrofischen, das strengen Vorschriften unterliegt, ist eine schonende Methode, die vor allem im wissenschaftlichen Fischfang eingesetzt wird, um Bestandserhebungen und Analysen von Artenvorkommen durchzuführen. Elektrofischen funktioniert mit Gleichstrom, der im Wasser eine Spannung erzeugt. Wird der Kescher in das Wasser geführt, schließt sich der Stromkreis, und die Fische werden betäubt. Mit dem Kescher werden sie sorgfältig aufgenommen und nach den notwendigen Untersuchungen wieder zurückgesetzt. Die durch den Strom „angelockten“ Fische erholen sich innerhalb weniger Sekunden.

Gefahr durch invasive Arten
Auf diese Weise konnten Bachschmerlen, Gründlinge, Koppen, Bachneunaugen, Stichlinge, Forellen sowie Hunderte Elritzen gefunden werden. Und – zur Freude aller Beteiligten – auch der gesuchte Schneider. In den vier Gewässerabschnitten wurden insgesamt 22 der seltenen Fische gefunden, die Hälfte davon in Kerzell. Auch reproduzierende Exemplare waren dabei. Nach erfolgreichem Zählen und Vermessen wurden fast alle Fische wieder ihrem natürlichen Lebensraum überlassen – mit Ausnahme der nicht-heimische Arten. Denn auch sie werden zunehmend zum Problem in den regionalen Gewässern: Der Amerikanische Signalkrebs zum Beispiel überträgt eine Krankheit, gegen die er selbst resistent ist, die aber zum Verhängnis für den heimischen Edelkrebs wird. „Viele Aquarienbesitzer setzen ihre Tiere in der Natur aus, wenn sie sie loswerden wollen. Die meisten wissen leider nicht, dass sie damit großen Schaden anrichten“, erklärt Joachim Walter. Erneut wurden neben dem in der Rhön streng geschützten Edelkrebs auch Signalkrebse gefunden, die – ebenso wie Regenbogenforellen und Blaubandbärblinge – nicht wieder zurückgesetzt wurden.

Ehrenamt wichtige Stütze
Die vielen Projekte im länderübergreifenden UNESCO-Biosphärenreservat Rhön leben von der Mithilfe durch die Bevölkerung. Bestes Beispiel ist das Rotmilan-Projekt, das ohne die rund 120 ehrenamtlichen Kartiererinnen und Kartierer aus Bayern, Hessen und Thüringen in dieser Form nicht umsetzbar wäre. Auch für den Schneider sind seit langem zahlreiche Frei-willige im Einsatz. Zu den Unterstützern zählt unter anderem der Fuldaer Aquarien- und Terrarienverein „Scalare“ 1925/55 e.V. Fulda, der ebenfalls Projektpartner im Artenschutzprojekt Karausche ist. Auch die Karausche ist eine ehemals weit verbreitete und heute stark gefährdete Fischart. „Das Zusammenspiel von Haupt- und Ehrenamtlichen in diesen wichtigen Projekten läuft gut und hat sich über viele Jahre bewährt“, lobt Sven Haustein von den „Scalaren“.

Im Umweltzentrum Fulda zu sehen
In der Natur den seltenen Schneider zu entdecken, ist eher unwahrscheinlich. Beobachten kann man ihn im Landkreis Fulda trotzdem: im Aquarium im Umweltzentrum Fulda. „Aus der Nähe kann man sehr gut das Seitenlinienorgan der Fische erkennen. Es sieht aus wie eine Naht – daher auch der Name Schneider“, erklärt Geschäftsführer Alexander Sust, der mit seinem Team ebenfalls Natur- und Artenschutzprojekte erfolgreich vorantreibt. Das Umweltzentrum hat montags bis freitags jeweils von 9 bis 19 Uhr geöffnet. Informationen zum Artenschutzprojekt finden Sie auf der Homepage des Biosphärenreservats unter https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/schneider.

 
Text: Anna-Lena Bieneck (Biosphärenreservat Rhön) / Sven Haustein
Fotos: Umweltzentrum Fulda (Gruppenfotos) / Sven Haustein (Schneider und E-Befischung)

   


Sind an zahlreichen Artenschutzprojekten in der Region beteiligt:
Die Stadt Fulda mit Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, der
Landkreis Fulda mit dem Ersten Kreisbeigeordneten Frederik Schmitt,
die Fuldaer "Scalare" u.a. mit Sven Haustein und Michael Lomb (re.)
und Ranger Joachim Walter von Biosphärenreservat Rhön (v.l.n.r.)

 

Freuten sich über das erfolgreiche Artenschutzprojekt: Die
Beteiligten von Stadt und Landkreis Fulda, dem Umweltzentrum Fulda
und den Fuldaer "Scalaren".

 

Der Schneider (lat. Alburnoides bipunctatus) ist ein
kleiner Weißfisch.

 

Wirtschaftlich bzw. als Speisefisch ist der Schneider
unbedeutend...

 

...er ist allerdings ein wichtiger Beutefisch der
einheimischen Bachforelle (lat. Salmo trutta fario).

 

Der Schneider ist in einem Aquarium im Umweltzentrum Fulda
zu sehen. Geschäftsführer Alexander Sust unterstützt mit
seinem Team viele Arten- und Naturschutzprojekte.

 

Im Döllbach bei Rothemann und Kerzell (Gemeinde Eichenzell)
konnte der Schneider erfolgreich besetzt werden.

 

Der Schneider ist ein Fisch der Forellenregion. Er bevorzugt
schnellfließendes, sauerstoffreiches Wasser.

 

Beim Elektro-Fischen konnte der Schneider nachgewiesen werden.
Michael Lomb (rechts) vom Fuldaer Aquarien- und Terrarienverein
unterstützte die Aktion als ehrenamtlicher Helfer aktiv im Wasser.

 

Haben viele Artenschutzprojekte erfolgreich umgesetzt:
Der bekannte Biologe Christoph Dümpelmann (li.) und
Ranger Joachim Walter vom Biosphärenreservat Rhön.